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Prolog

Die Idee, eine mehrtätige Reise mit dem Fahrrad zu bestreiten, entstand im November 2017. Es sollte eine Art Geburtstagsgeschenk für Stefan Palme werden, eine Unternehmung mit mehreren Freunden, die lange in Erinnerung bleiben soll. Eine Radreise, so mein damaliger und zum Glück auch noch heutiger Gedanke, ist etwas, bei dem man innerhalb kürzester Zeit so viel erleben kann. Und gerade dieses „viel erleben“ sorgt dafür, dass sich eine 5 Tage Reise aufgrund der Fülle an Erinnerungen plötzlich wie ein 1-2 Wochen langer Urlaub anfühlt. Bei der Streckenwahl war schnell klar, dass diese einfach zu bewältigen sein musste. Wenig Höhenmeter und wenig Verkehr sollten dafür Sorgen, dass auch Personen Spaß an der Reise haben, die in der Freizeit nicht soviel Fahrrad fahren und den deutschen Straßenalltag auf dem Rad nicht gewohnt sind. Die Wahl fiel schnell auf die Niederlande als Reiseland. Ein wenig Recherche und schon stand der Plan: Wir fahren mit dem Zug nach Kleve und mit dem Fahrrad von Kleve nach Den Haag ans Meer. 200 Kilometer an mehreren Tagen, beinahe keine Höhenmeter und Zelten, um bei den Tagesetappen flexibler zu sein .

Die Tage rückten näher, wir hatten Dezember 2017, bereits ein konkretes Reisedatum und die Whatsapp-Gruppe stand mit den geplanten Teilnehmern. Und was jetzt folgt, gehört der Wahrheit geschuldet leider auch zu dem Urlaubsbericht. Es ist absolut erstaunlich, wie es gleich einige der von Anfang an eingeplanten Personen nicht geschafft haben, sich innerhalb von 5 Monaten entsprechend darauf vorzubereiten und dann abgesagt haben. Das alles trotz mehrfachen Hinweisen und absolutem Informations-Überfluss an mehrfachen Einkaufs- und Packlisten. 5 Monate, das ist fast ein halbes Jahr und dann kommen kurzfristige Absagen. Dass das alles mehr als nur enttäuschend ist, ist wohl verständlich. So kam es wie es kommen musste und wir saßen am Ende zu zweit im Zug nach Kleve. Aber dass man auch zu zweit eine richtig gute Zeit verbringen kann, könnt ihr in den folgenden Zeilen lesen

Tag 1

Freitag, 01.06.2018 04:30 Uhr
Der Wecker klingte, es war selbst für einen Frühaufsteher wie mich zu früh! Aber die Freude auf die geplante Reise überwog und so machten wir uns auf den Weg nach Niederroth. Laura fuhr mich zu Stefan, wo auch schon mein am Vortag bepacktes Fahrrad stand. Eine letzte Verabschiedung und wir fuhren langsam auf den Rädern zum Bahnhof Niederroth, wo wir die S-Bahn um 05:12 Uhr Richtung München Hauptbahnhof nehmen wollten. Das Wetter war bewölkt, aber trocken.

Freitag, 01.06.2018 06:00 Uhr
Am Hauptbahnhof München angekommen, war die erste Aufgabe des Tages, Nahrung für die kommende Reise zu besorgen. Nachdem wir bis ca. 15:30 Zug fahren würden, war das eben Essen, Trinken und Knabberzeug. So gab es für mich um kurz nach 6 in der Früh erst einmal eine Currywurst mit Pommes, was Stefan nur mit einem Kopfschütteln kommentierte. Das beste Frühstück, wenn der wüsste! Da es unsere erste Radmitnahme bei einer Bahnfahrt war, wussten wir nicht ganz, wie das abläuft. Im Endeffekt war es dann doch recht problemlos. Es gab einen eigenen Wagen für die Fahrräder mit Sitzplatz und dort konnten wir uns direkt zu unseren Fahrrädern setzen.

Freitag, 01.06.2018 14:00 Uhr
Tatsächlich haben wir es geschafft, unseren letzten Zug zu verpassen, nachdem der IC Richtung Düsseldorf Verspätung hatte. Also hieß es warten auf den nächsten Zug. Die Zugfahrt bisher war eher nicht so angenehm, viele Pausen und ein teils sehr volles Radabteil sorgten dafür, dass man regelmäßig aufstehen musste. Aber immerhin gab es das ein odere andere interessante Fahrrad zu sehen. Überraschend war auch, wie viele Personen mit dem Fahrrad reisen. Im Vorfeld hatte ich gedacht, dass wir wohl die einzigen Personen sein werden, die im Radabteil sitzen. Das Wetter wurde auch immer schlechter, es hat teilweise in Strömen geregnet und wir stellten uns schon darauf ein, gleich in Kleve zu bleiben und dort zu übernachten, nachdem das Wetter laut Wetterbericht erst ab dem nächsten Tag besser werden sollte.

Freitag, 01.06.2018 16:01 Uhr
Wir sind endlich in Kleve angekommen, der Boden nass, der Himmel grau und wir auf dem Weg zum Hotel, in dem wir übernachten wollten. Dort angekommen, prüften wir noch einmal das Wetter und beschlossen doch, auf die ersten Kilometer der Reise aufzubrechen. Also zogen wir unsere Radoutfits an, packten unsere Taschen noch einmal und fuhren los.

Die ersten Kilometer waren ein Traum. Wir fuhren fast durchgehend auf einem Radweg den Deich entlang, rechts neben uns die Waal als Mündungsarm des Rheins und links abwechselnd Wiesen, Wälder und kleine Örtchen. Hier zeigte sich zuerst, was für ein Radfahrtland die Niederlande sind. Uns kamen viele Radfahrer entgegen und es gab extra Geschäfte und Restaurants bzw. Imbisse, die direkt am Radweg lagen. Wie in den folgenden Videos zu sehen, waren wir hier noch hochmotiviert und ahnten nicht, was uns später noch erwarten wird:

Doch alles Positive hat auch Schattenseiten und eine davon, welche uns die ganze Reise über begleiten sollte, zeigte sich auch gleich: Der Wind. Oben auf dem Deich und dadurch vollkommen dem Wind ausgeliefert zog es sich nur mühsam dahin. Wir fuhren stetig voran, machten aber kaum Strecke.

Dazu kam, dass sich die Batterie meiner elektronischen Schaltung am Fahrrad dem Ende neigte, was ich mit einer gewissen Panik zur Kenntnis nahm. Ich wusste ja schließlich, was das bedeutete: Vorne Gänge schalten geht gar nicht mehr und nach einer gewissen Zeit werde ich dann hinten auch nicht mehr schalten können. Und so begann die Suche nach einem Radladen, der ein Ladegerät für die Shimano Di2 Schaltung verkaufte.

Freitag, 01.06.2018 17:50Uhr
Jetzt passiert es gleich, es wird wohl tatsächlich regnen, dachten wir. Auf den letzten Kilometern sind die Wolken immer dunkler geworden und seit ein paar Minuten traf uns der ein oder andere Regentropfen. Wir hatten beschlossen, in der nächsten Stadt zu übernachten und das nicht im Zelt. Wir wollten nicht riskieren, ewig einen Zeltplatz suchen zu müssen und dann das Zelt am Ende im strömenden Regen aufbauen zu müssen. Als wir die Stadt Nijmegen erreichten, buchten wir spontan ein Hotelzimmer und auf dem Weg dahin kamen wir durch die wirklich traumhafte Altstadt Nijmegens.

Am Hotel angekommen kam die Überraschung. Ein Zimmer sei noch frei, das beste Zimmer des Hotels für knapp 200 Euro die Nacht und das einzige Zimmer mit Balkon, alle anderen Zimmer seien schon ausgebucht. Was wir nicht wussten: An diesem Wochenende war das FortaRock Festival in Nijmegen und dementsprechend begrenzt war die Zimmerverfügbarkeit in der ganzen Stadt. Es hilft ja alles nichts, also nahmen wir das Zimmer. Immerhin waren die Getränke der Minibar inklusive, also hatten wir gleich etwas Proviant in Form von Saft, Fanta und Wasser für die Fahrt am kommenden Tag.

Freitag, 01.06.2018 20:45
Frisch geduscht und die Radklamotten durch die Freizeitkleidung getauscht, saßen wir endlich beim Italiener zum Essen. Es war ein Traum, mal ohne Rücksicht auf Andere essen zu können. Bruschetta mit ganz viel Knoblauch und Zwiebeln, gefolgt von einer fantastischen Pizza. Danach sind wir noch ein wenig durch die Innenstadt geschlendert und haben uns in ein Cafe gesetzt, um den Abend mit einem Kuchen ausklingen zu lassen.

Tag 2

Samstag, 02.06.2018 09:05 Uhr
Nach dem Frühstück, ich konnte wie immer kaum etwas essen in der Früh, saßen wir im Hotelzimmer und ich war immer noch auf der verzweifelten Suche nach einem Radhändler, der mir ein Ladegerät für meine Fahrradschaltung verkaufen konnte. Am Vortag hatte ich bereits bei 5 verschiedenen Geschäften angerufen, von denen keines eines hatte. Mehr aus Zufall bin ich dann jedoch auf ein Shimano Service Center 10 Kilometer außerhalb von Nijmegen gestoßen und 2 Minuten nach Ladenöffnung und einen Anruf später war ich so erleichtert, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Sie haben ein Ladegerät vor Ort, ich könne gerne vorbeikommen und es holen. Und so machten wir uns auf den Weg zum 10 Kilometer entfernten Radhändler. Das Gepäck ließen wir im Hotelzimmer und das Handling des Fahrrads fühlte sich gleich wieder viel besser an. Nicht besser wurde unterwegs jedoch die Situation mit meiner Gangschaltung… seht selbst:

Samstag,02.06.2018 12:45 Uhr:
Der Akku war geladen, die Gangschaltung funktionierte wieder und hat auch gleich ein Software-Update bekommen. Die Reise ging weiter. Und was es für eine Reise wurde. Ausgecheckt aus dem Hotel und ab dem ersten Kilometer nur Gegenwind:

Neben dem Gegenwind sorgte die am ersten Tag noch hochgelobte Strecke dafür, dass dieser Tag der schlimmste Tag der gesamten Tour werden sollte. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Strecke mental sehr schwer zu bewältigen war. Auf den ersten Kilometern kamen uns noch viele Pilger entgegen, denn unsere Route verlief auf diesem Teilstück auf einer Pilgertour und es war ganz interessant und abwechslungsreich, die ganzen verschiedenen Pilger zu sehen. Das änderte sich aber nach knapp 8 Kilometern. Kilometer für Kilometer gab es nur noch Landstraße oder Radweg auf dem Deich. Unser Bild war geprägt vom Fluss links und den Wiesen und Wäldern rechts. Wir sahen fast keine Menschenseele und wurden nur ab und zu mal von einem Auto überholt, dass uns wieder daran erinnerte, dass hier tatsächlich noch Menschen lebten. Ohne Unterhaltung oder Abwechslung verging die Zeit gar nicht und 10 Minuten kamen einem wie Stunden vor. Irgendwie mussten wir aber für Unterhaltung sorgen und so fingen wir an, uns imaginäre „Rennen“ mit den Containerschiffen auf dem Fluss zu liefen. Spitzenkandidat war hier die Oxford, die uns für eine ganz schön lange Zeit begleitete. Mal lagen wir vorne, mal lag das Schiff vorne.

So kam es auch, dass wir irgendwann vor dem Problem standen, dass wir langsam mal etwas essen mussten, aber es zwecks fehlender Ortschaften einfach nirgendwo etwas zum Essen gab. So war es mehr Zufall als Glück, dass wir kurze Zeit später durch eine Ortschaft namens Ochten fuhren, wo direkt am Straßenrand ein Cafe war. Wir mussten nicht lange überlegen, dass wir dort Pause machen! So gab es tatsächlich einmal ganz typische niederländische Kroketten und anschließend warmen Apfelkuchen. Wie man auch auf den Fotos sehen konnte, gab es eigentlich immer nur 0,2l Getränke und nichts mit 0,5l oder so. Demnach haben wir erst einmal 8 Flaschen Fanta bestellt.

Samstag, 02.06.2018 17:35 Uhr
Es ist tatsächlich passiert. Wir haben die erste Windmühle gesehen! Da musste natürlich gleich ein Foto gemacht werden:

Samstag, 02.06.2018 19:05
Pause in Zaltbommel. Die Beine waren bei mir zwar ganz gut, der Rest jedoch nicht. Der Po tat sehr weh und von den Handgelenken und den Armen mag ich gar nicht erst reden. Die Motivation und auch etwas die Stimmung sind irgendwie an einem Tiefpunkt angekommen. Das Wetter wurde von Stunde zu Stunde immer dunkler und es ist genauso wie am Vortag. Wir hatten Angst, dass es regnet und beschlossen, dass wir jetzt langsam mal nach einem Zeltplatz schauen müssen. Also besprachen wir, zur nächstgrößeren Stadt nach Gorinchem zu fahren und dort nach einem Platz zu suchen. Dass das noch weitere 20 Kilometer sind, drückte die Stimmung noch mehr. Wenn ich darüber nachdenke, wie schnell 20 Kilometer zuhause in Deutschland heruntergefahren sind und dass 20 Kilometer auf dem Deich gefühlt eher 50 Kilometer sind, könnten mir fast wieder die Tränen kommen. Nochmal eine weitere, nicht endende Stunde auf dieser an Langeweile nicht zu überbietenden Landstraße.

Samstag, 02.06.2018 20:10
Wir haben es geschafft, wir sind in Gorinchem angekommen. Nach kurzer Recherche im Internet fanden wir auch einen passenden Zeltplatz, auf dem man zelten darf. Wir beschlossen, davor noch einen Abstecher an einer Tankstelle zu machen, um etwas Abendessen und etwas zu trinken zu kaufen. Das Essen war das Beste des ganzen Urlaubs. Achtung, Ironie. Für mich gab es Tuc Kekse (salziges Knabbergebäck) mit Bifi und für Stefan ein eingepacktes Sandwich. Direkt danach ging es noch knapp 5 Kilometer weiter nach Avelingen zum Zeltplatz und wir waren mehr als froh, endlich angekommen zu sein. Dachten wir zumindest. An dem Platz, an dem der Zeltplatz sein sollte, stand das Gras ca. einen Meter hoch, direkt daneben war zwar niedriges Gras, aber umzäunt und wohl eine Wiese für Schafe. Gott sei Dank trafen wir hier eine Familie, die spazieren ging und fragten, wo denn der Zeltplatz sei. Die Tochter, dank nochmal, erklärte uns, wo der Zeltplatz war. Wir sind einfach dran vorbeigefahren. Nun aber wirklich angekommen, haben wir nur schnell das Zelt aufgebaut und dann direkt gegessen.

Als wir vom Essen wiederkamen und im Zelt saßen, raschelte es draußen und tatsächlich kam noch ein Pärchen zum Platz, auch mit den Fahrrädern. Was für ein Zufall, dass an diesem winzigen Zeltplatz, wo das vierte Zelt schon eins zuviel ist und der wirklich am Arsch der Welt liegt, genau an diesem Tag noch welche zelten.

Hier noch zwei Videos, wie es im Zelt so aussah:

Tag 3


Sonntag, 03.06.2018 08:45 Uhr
Die erste Nacht im Zelt ist geschafft. Und ja, ich verwende das Wort „geschafft“ mit Absicht. Anfängerfehler Nummer Eins: Nicht wissen, wo die Köpfe und Füße im Zelt sein sollen. Nachdem der Zeltplatz nicht komplett eben war, haben wir das Zelt so aufgebaut, dass die Köpfe oben und die Füße unten liegen. Blöd nur, dass das Zelt so konstruiert ist, dass wir genau anders herum hätten liegen sollen. Demnach hatten wir ewig viel Platz bei den Füßen und beinahe gar keinen Platz für die Köpfe. Dazu kam, dass es alles andere als bequem war. Unklar ist mir, ob das genau an dieser Isomatte lag oder ob das generell bei allen Isomatten so ist, die auf Ultraleicht und geringes Packmaß ausgelegt sind. Ebenso hatten wir das Kondenswasser im Zeltinneren nicht wirklich bedacht. Zwar haben beide unsere Fahrräder in das Vorzelt gepasst, mein Trikot war am Morgen aber komplett nass, weil es über den Rahmen hing, der an die Zeltdecke stieß. So ist die ganze Nacht lang das Kondenswasser darüber abgelaufen und ins Trikot gesickert. Wir standen also auf, haben unsere Sachen neu gepackt und uns auf den Weg Richtung Den Haag gemacht. Anfängerfehler Nummer Zwei: Kein Kopfkissen dabei zu haben. Der reinste Albtraum!

Sonntag, 03.06.2018 10:50 Uhr
Die Taschen sind gepackt, die letzten Tuc-Kekse und Schokoriegel wurden gefrühstückt und los ging die Fahrt. Die Stimmung und vor allem die Motiation war von Anfang an deutlich besser als am Vortag was nicht zuletzt dem Wetter geschuldet war. Nach 2 Tagen bei ca. 15-18 Grad und durchgehend grauem Himmel sollte heute endlich die Sonne herauskommen. Und das tat sie bereits nach kurzer Zeit auch.

Endlich runter vom Deich, fuhren wir querfeldein Richtung Den Haag, fast immer auf Radwegen und durch schöne Ortschaften. So verging die Zeit auch deutlich schneller als am Vortag und das Fahren machte wieder richtig Spaß!

Sonntag, 03.06.2018 12:37 Uhr
Mittagspause, Mittagsstop. Wir hatten uns dazu entschieden, die Frühstückspause so kurz wie möglich zu halten und dann eine längere Mittagspause zu machen. Nachdem wir unterwegs für lange Zeit gar keine Möglichkeit gefunden hatten, etwas zu essen, hielten wir kurz an und suchten ein Restaurant in der Nähe. Wie es der Zufall so wollte, war keinen Kilometer von unserem aktuellen Standort am Fluss in Rijsoord ein Restaurant, das richtig klasse war. Wir mussten dafür fast keinen Umweg fahren. So ließen wir uns Zeit, um im De Theetuin Pause zu machen und zu essen. Die Zeit nutzten wir, um unsere Geräte mit den Powerbanks zu laden, sprich Handy und Garmin Edge.

Sonntag, 03.06.2018 14:36 Uhr
Kurz nach Rotterdam passierten wir zwei Vororte entlang der Rotte, die traumhafter nicht sein konnten. Links und rechts wunderschöne Häuser, unzählige Botte auf dem Wasser bei traumhaftem Wetter. Dort könnte man sich auch einmal vorstellen, zu leben. Aber seht selbst:

Danach ging es dann auf die letzten 30 Kilometer nach Den Haag und ich habe jetzt noch Stefan seinen Spruch in den Ohren: „Wenn wir endlich am Meer angekommen sind, spring ich da sofort rein ins Wasser.“ Achtung, das wird später noch relevant. Die weitere Fahrt war wieder sehr kurzweilig, weil die Strecke abwechslungsreich war und immer viele verschiedene Menschen und insbesondere viele Radfahrer getroffen haben.

Sonntag, 03.06.2018 16:17 Uhr
Den Haag, hier sind wir. Um kurz nach vier sind wir in Den Haag angekommen, also zumindest in einem der Vororte von Den Haag. Für Architekturbegeisterte für mich, also für Menschen, die sich einfach unendlich gerne schöne Häuser anschauen, war das der reinste Traum. Riesige Villen links und rechts, soweit das Auge reicht.


Wie man in den zwei Videos oben sieht, war es da noch traumhaft schön. Blauer Himmel und eine strahlende Sonne. Nicht einmal zwei Kilometer später sah das ganze nämlich so aus:

Wir fuhren durch das Dünengebiet Kievietsduin und fühlten uns plötzlich wie in einem anderen Land. Dichter Nebel und eine ganz andere Vegetation als auf der gesamten vorherigen Route. Dazu kam, dass die Temperatur innerhalb weniger Minuten von knapp 26 Grad auf nur noch 17 Grad sank und es plötzlich richtig frisch wurde.

Sonntag, 03.06.2018 16:49 Uhr
Den Haag am Meer, das Ende unserer ursprünglich geplanten Route von Kleve nach Den Haag ans Meer. Wir sind mehr als erleichtert, endlich angekommen zu sein, aber so schön, wie wir es uns vorgestellt haben, war es leider nicht. Der Nebel war am Strand noch dichter, es war windig und kalt. Aber das hat uns nicht davon abgehalten, zumindest für eine kurze Zeit einfach mal Pause zu machen, die Füße auszustrecken und zu genießen, dass wir endlich angekommen sind. Nur ins Meer wollte Stefan plötzlich doch nicht mehr. Kein Wunder bei dem Wetter!

Wie gleich auf dem nächsten Bild zu sehen, gab es erst einmal wieder die obligatorische Erfrischungsfanta!

Danach sind wir vor zum Strand und haben uns dort in Ruhe hingesetzt und ein wenig die Seele baumeln lassen:

Sonntag, 03.06.2018 17:34 Uhr
Wie im Video angekündigt, haben wir uns dazu entschieden, die Nacht im Hotel zu verbringen. Auch wenn wir nicht lange am Strand waren, so waren wir dennoch komplett durchgefroren und wollten uns erst einmal in Ruhe wieder aufwärmen und dann weiter schauen, ohne dass wir wieder den Stress hatten, erst einen Zeltplatz suchen zu müssen, bei dem unsere Sachen wieder nicht getrocknet wären. Wir suchten über Booking.com ein Hotel in zentraler Lage und fanden das Novotel Den Haag City Centre. Die Adresse ins Navi eingegeben und nichts wie los. Nach wenigen Minuten kam eine weitere Überraschung. Nicht mal einen Kilometer vom Strand Richtung Innenstadt war plötzlich wieder komplett blauer Himmel bei 24 Grad. Verrückt, dieses Wetter in Den Haag.

Sonntag, 03.06.2018 19:10 Uhr
Als wir im Hotel ankamen, haben wir uns erst einmal in Ruhe frisch gemacht und sind anschließend in die Innenstadt, um etwas zu essen und den Abend ausklingen zu lassen. Ein Hoch auf die eingepackte Freizeitkleidung, die hat sich bezahlt gemacht.

Tag 4

Montag, 04.06.2018 09:20 Uhr
Nachdem wir die letzten Tage immer recht früh aufgestanden sind, wollten wir es heute mal ruhig angehen lassen. Auch wenn der Wecker kurz vor 9 Uhr klingelte, wollten wir erst in Ruhe in Den Haag was frühstücken gehen, bevor wir unser Zeug packen und los Richtung Amsterdam fuhren. In den letzten zwei Tagen hatten wir uns überlegt, dass Amsterdam ein schönes Reiseziel nach Den Haag wäre. Mich als neuesten Verpackungsvermeidungsfan traf da jedoch fast der Schlag. Frisch gebackene Semmeln (Brötchen) und jedes einzelne mit Plastik verpackt. Warum macht man sowas?

Montag, 04.06.2018 13:30 Uhr
Ein letzter kleiner Zwischenstopp vor Amsterdam. Die Fahrt lief bisher richtig gut, wir sind schön dahingerollt und das ein oder andere Abwechslungsreise gab es auch zu sehen. Ich konnte Stefan seinem Vorschlag sogar wiederstehen, auf ein Eis beim McDonals zu halten. Unterwegs hatten wir beschlossen, in Amsterdam zu zelten und dank entfallener Roaming-Gebühren (Dank an die EU!) haben wir im Internet schnell einen passenden und zentralen Zeltplatz gefunden. Also neue Adresse ins Navi und los ging es.

Montag, 04.06.2018 15:08 Uhr
Wir haben es geschafft, wir sind in Amsterdam!


Und die Autofahrer hier haben uns geschafft. Es ist erstaunlich und kaum vorstellbar, aber das ganze Vertrauen, das wir innerhalb der letzten 300 Kilometer in die Autofahrer aufgebaut haben, wurde innerhalb von Minuten zunichte gemacht. Dazu muss man vielleicht etwas ausholen. Im Gegensatz zu Deutschland ist in den Niederlanden quasi eine komplette Infrastruktur nur für Radfahrer vorhanden. Das fängt bei den Radwegen und eigenen Brücken für Radfahrer an, die eigentlich immer getrennt von Fußgängern und Straße verlaufen und geht weiter über Hauptstraßen, die einfach mittendrin mit Stop-Schild gekennzeichnet sind, weil die Radfahrer, die die Hauptstraße kreuzen, Vorfahrt haben. Das muss man sich einmal in Deutschland vorstellen. Dazu kam, dass die Autofahrer überall extrem rücksichtsvoll waren. Die Autofahrer hielten immer beim verlassen oder einfahren eines Kreisverkehrs, auch wenn wir noch 100m davor waren. Mit diesem Wissen fuhren wir natürlich auch viel entspannter Fahrrad. Eben bis wir in Amsterdam ankamen. Hier herrschte beinahe deutsche Mentalität und die entspannte Radfahrt war vorbei. Wir würden von Fußgängern und Autos gekreuzt und uns wurde die Vorfahrt genommen. Aber gut, das kennt man ja aus Deutschland zu genüge. Also fuhren wir mehr vorsichtig als gelassen Richtung Zeltplatz.

Montag, 04.06.2018 16:48 Uhr
Zeltplatz, da sind wir! Nachdem wir noch einmal gefühlt eine Stunde in und wieder aus Amsterdam heraus gefahren sind, sind wir endlich am Zeltplatz Camping Vliegenbos Amsterdam angekommen. Was wir dort erfahren haben: Wären wir am Hauptbahnhof in die kostenlose Fähre eingestiegen und damit 3 Minuten gefahren, hätten wir uns einen Umweg von ca. 30 Minuten gesparrt. Naja, hinterher ist man immer schlauer und wir waren auch froh, dass wir dann doch super schnell in der Innenstadt waren. Wir hatten erst berfürchtet, jedes Mal diese 30 Minuten Radfahren zu müssen, bis wir in Amsterdam sind. Unser zugewiesener Zeltplatz war der Platz Nummer 2 und zur freudigen Überraschung waren wir definitiv nicht die einzigen hier. Das hatten wir nämlich erst befürchtet.

Montag, 04.06.2018 20:23 Uhr
Nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben und erstmal etwas Pause gemacht und geduscht haben, sind wir gegen 18:00 Uhr mit der Fähre zum Hauptbahnhof Amsterdam gefahren, weil wir eine Zugfahrtkarte für die Heimfahrt buchen wollten. Da unsere Zugfahrt nicht nur innerdeutsch ist, sondern im Ausland startet, ist das leider nur am Bahnhof und nicht Online möglich. Hier traf uns fast der Schlag. Es gab quasi keine einzige Verbindung mit Fahrradmitnahme mehr, da waren wir schlichtweg zu spät dran und die einzige Verbindung mit Nachtfahrt hätte uns knapp 430 Euro gekostet. Es reichte ein Blick und uns war klar: Das buchen wir nicht! Also wieder raus aus dem Bahnhof und überlegt, welche Alternativen es gibt. Keine 3 Minuten später war der Flixbus für insgesamt 130 Euro schon gebucht und wir waren happy, dass die Rückreise geregelt war und das zu einem guten Preis. Auf der Rückfahrt konnte ich es mir nicht nehmen lassen, das folgende Video zu machen. Das beschreibt die Niederlande einfach so schön:

Tag 5

Dienstag, 05.06.2018 09:40 Uhr
Wir sind um ca. 09 Uhr aufgestanden und von vorneherein war klar: Heute wird ein radfahrfreier Tag. Zuerst einmal ein kleiner Rundgang um unser Zelt:

Für den restlichen Tag lasse ich die Bilder sprechen, Sightseeing und Shopping in Amsterdam.

Dienstag, 05.06.2018 18:32 Uhr
Abendessen, wie immer entweder Pizza oder Burger. Heute gab es wieder Pizza und wir sahen das erste Mal einen der berühmten Coffee-Shops, weil unser Restaurant direkt gegenüber einem Coffee-Shop lag:

Hier muss ich mal persönlich anmerken, wie ich mich teilweise für die Touristen geschämt habe. Insbesondere für die jüngeren und „ultra coolen Kiffer“. Das es in Amsterdam quasi überall nach Gras gerochen hat, war jetzt nicht besonders schlimm und auch die Tatsache, dass die Leute da überall kiffen, fand ich nich wirklich bemerkenswert. Schlimm fande ich jedoch die ganzen Touristen-Teenies mit ihren Baggies, Aladinhosen und „Weed“ oder „Stoner“-T-Shirts mit irgendwelchen Hanfblättern und Co. drauf. Bitte noch mehr Klischee…

Tag 6

Mittwoch, 07.06.2018 Irgendwann in der Früh
Heute ist der letzte Tag und auch gleichzeitig Abreisetag. Direkt nach dem Aufstehen brach ich erst einmal in eine Art Lachanfall aus, als mich Stefan darauf hinwies, dass zwei unserer Zeltnachbarn mit ihrem Zelt über Nacht umgezogen sind. Fünf mal dürft ihr raten, warum… Immerhin wurden wir noch freundlich gegrüßt, hihi!

Der Flixbus geht um 19:15 los und nimmt uns mit auf die 14 stündige Fahrt nach München. Laura hatte im Vorfeld der Reise gemeint, dass wir unbedingt mal nach Bloemendaal aan Zee fahren müssen und das hatten wir uns für heute auch vorgenommen. Wir packten unser ganzes Gepäck zusammen, bauten das Zelt ab und fuhren los, nachdem wir unser Zeug an der Rezeption zum zwischenlagern abgegeben hatten. Es waren nur 27 Kilometer bis nach Bloemendaal und das machte Freude, endlich mal ein kurzer Weg und leichte Fahrräder ohne Gepäck. So fuhren wir langhin. Irgendwann überholte uns ein Roller und keine Zeit später fuhren wir schon im Windschatten vom Roller mit knapp 37 Km/h lang hin. Warum sind wir nicht schon eher auf diese Idee gekommen? Das Wetter war wieder richtig gut und auf den letzten Kilometern kamen uns ganz viele Beach-People mit Badezeug und Co. entgegen. Da war die Laune ganz oben 🙂

Mittwoch, 07.06.2018 12:04 Uhr
Erst einmal ein Fotostop, das ist wichtig! Welkom in Bloemendaal aan Zee.

Es ging dann aber direkt ab zur Strandbar, zum Beachclub Bloemendaal aan Zee. Hier aßen wir erst einmal Mittag und entspannten ein wenig. Bequeme Sofas, blauer Himmel, coole Musik, perfekt!

Danach gingen wir herunter zum Strand, ein paar Fotos zu machen und danach gingen wir noch auf einen Apfelkuchen zu einem anderen Cafe am Strand.

Mittwoch, 07.06.2018 18:55 Uhr
Es folgte: Die Heimreise, die nicht enden wollte. 14h Busfahrt, davon 11h ohne Trinken und Essen und ich konnte nicht schlafen. Furchtbar.

Epilog:

Als wir so in Bloemendaal aan Zee im Cafe saßen, unseren Kuchen aßen (ok, eigentlich habe nur ich Kuchen gegessen, 2 Stück) und auf das Meer blickten, wurde ich fast etwas sentimental. Es ist schon verrückt, was man alles erlebt auf so einer Radreise. Wir waren zwar nur 6 Tage unterwegs, es kam mir aber eher vor wie 2 Wochen oder noch mehr, einfach weil wir so unendlich viele Eindrücke erlebt haben. Kaum vorstellbar, dass man schon wieder zuhause ist. Wir haben uns gefragt, wie lange es wohl dauern wird, bis wir wieder das Meer und den Strand sehen und wie lang das letzte Mal eigentlich schon wieder her ist. Der Urlaub hatte ganz ganz viele Höhen und dafür betrachtet fast lächerlich wenige Tiefen, auch wenn der zweite Tag definitiv ganz mies war. Stefan und ich hatten eigentlich gar keinen Streit, was auch nicht selbstverständlich ist, wenn man so lange Zeit wirklich nur zu zweit aufeinander hängt und nicht mal eine dritte Person dabei ist oder so. Läuft! Meinungsverschiedenheiten, klar! Aber die waren ja dann auch irgendwann wieder lustig, weil man schon während der Diskussion gemerkt hat, dass es eigentlich ein absoluter Quatsch ist, über was man da so diskutiert. Hut ab auch nochmal an Stefan, dass er diese Tour so gut mitgemacht hat und eigentlich gar nicht so wirklich über seine schmerzenden Beine gemeckert hat. Wenn man bedenkt, dass er vorher erst ein einziges Mal mehr als 100km am Stück gefahren ist in seinem Leben… Ich hätte da wieder stundenlang geflucht und gejammert. Zurück blicke ich auf eine tolle, schöne und interessante Zeit, auf der ich vor allem im Hinblick auf die kommenden Radreisen viel gelernt habe.

Zum Abschluss bleibt mir nur noch zu sagen: Wij gaan even zwemmen in de zee!