george maple – call of the wild

Meine erste Triathlon Kurzdistanz

war alles andere als kurz. Wenn Triathlon-Fachfremden das Wort Kurzdistanz hören, dann wird das oft belächelt oder verniedlicht aufgefasst und im Vergleich zu einer Mittel- oder Langdistanz ist es auch kurz. Aber eben auch nur im Vergleich zu genau diesen Längen. Eine Kurzdistanz ist für den normal sterblichen ab-und-zu Sportler eben alles andere als kurz. Doppelt so lang wie ein ganzes Fußballspiel und die gesamte Zeit durchgehend Leistung erbringen, ohne Pause. Das ist etwas, worauf man als Triathlon-Anfänger durchaus stolz sein kann. Und das bin ich auch!

Die Idee, am Schongau Triathlon teilzunehmen, stammte von Tom Freitag, meinem Trainingskumpel aus der Arbeit. Mein ursprünglicher Plan, am 26.08 meine Kurzdistanz und gleichzeitig meinen Hauptwettkampf der Saison in Beilngries zu bestreiten, stand zwar weiterhin, aber warum nicht schon eher trauen. Über die Schwimm- und Laufdistanz machte ich mir keine Sorgen, über die Radstrecke sehr wohl.

Laut Veranstalter galt es 2 Runden mit jeweils 20km und 275 Höhenmeter zu bestreiten, also insgesamt 550 Höhenmeter auf 40km bzw. 13,75 Höhenmeter pro Kilometer.

Davor hatte ich ziemlich Respekt. Meine bisherige Höhenmeter-Trainingsstrecke (705HM auf 60KM) hatte lediglich 11,75HM pro KM und das war schon einiges, ging es doch nur hoch und runter. Und 15% Steigungen bin ich bisher auch noch nie gefahren.

Aber der Tag fängt ja erst einmal mit der Ruhe vor dem Sturm an, dem Herrichten der Wechselzone. Dieser Wettkampf war mein erster Wettkampf, bei dem die Wechselzonen 1 und 2 an unterschiedlichen Orten waren. So ging es mit den Utensilien für die Wechselzone 2 zum Marktplatz, wo der Wechsel vom Radfahren zum Laufen stattfindet.

Manche Teilnehmer waren da cleverer als ich und hatten aufgrund des drohenden Regens Plastikbeutel dabei, um die Schuhe zumindest bis zum Lauf vor dem Regen zu schützen. Ich habe mich hier mit der Tasche beholfen, in der die Finisher Geschenke drin waren. Die gab es nämlich schon vor dem Start, warum auch immer.

Im oberen Bild sieht man an dem Weg links ganz gut, wie steil die Radstrecke ist teilweise war, denn genau da musste man 300m nach dem Wechsel vom Schwimmen aufs Radfahren hochfahren.

Kleine Aufmunterung vor dem Start: Wenn einen Kampfrichter und Orga-Mitglied auf das schöne Fahrrad ansprechen und über den Wettkampf und die Strecke fachsimpeln und einem viel Glück wünschen, dann kann es nur ein guter Wettkampf werden.

… noch 60 Minuten bis zum Start.

Noch 20 Minuten bis zum Start, rein zwängen in den Neo.

Und ab ins Wasser. Bis zur Startlinie waren es ca. 100m zu schwimmen, es war also kein Landstart, sondern ein Wasserstart und das Wasser war verdammt kalt, 17,9 Grad offizielle Wassertemperatur.

Startschuss 10:00 Uhr und los ging es. Wie immer habe ich mich relativ weit hinten und rechts gehalten, da war es am freiesten und man konnte relativ entspannt sein eigenes Ding durchschwimmen. Oben auf dem Bild bin übrigens ich zu sehen, erkennbar an meiner komplett falschen Arm- und Handhaltung links. Auf meiner Uhr hatte ich eingestellt, dass mir alle 250m per Pieps und Vibration signalisiert wird, wie die Zwischenzeit ist. Doch daraus wurde am Anfang erstmal nichts, denn der Start war unter der Brücke und meine GPS Uhr hat erstmal kein GPS Signal gefunden. Na toll, dachte ich mir, die erste Kurzdistanz und dann habe ich keine Aufzeichnung vom Schwimmen. Nach einiger Zeit hat sich die Uhr dann aber doch gefangen und zeigte mir nach kurzer Zeit auch die erste 250m Zwischenzeit an. 4:42min. Also unter 2min/100. Das war etwas zügiger als geplant, aber noch im machbaren Bereich. Nach den zweiten  250m konnte ich das Tracking jedoch vergessen, da die Uhr anfing, einen absoluten Quatsch aufzuzeichnen. Laut Aufzeichnung bin ich statt 1500m ganze 1900m geschwommen, zwischendurch an Land und durch Wohnviertel gerobbt und so ein Quatsch..

Aber hey, immerhin schien die Zeit zu stimmen! Auf dem Rückweg habe ich versucht, mich möglichst rechts zu halten, da auf dieser Seite der Schwimmausstieg war. Was ich nicht wusste, war, dass man direkt davor noch um eine Boje ca. 50m vom Ufer entfernt schwimmen musste. So bin ich erstmal direkt in das Absperrband beim Wasser am Ufer geschwommen, bis ich gemerkt habe, dass ich noch den Schlenker um die Boje machen muss. Das in Kombination mit meinen Problemen, gerade zu schwimmen, hat mich insgesamt bestimmt nochmal 60-90 Sekunden gekostet. Hinweis an mich selbst: Im Freiwasserschwimmen einschleifen, dass man alle 5-6 Züge hoch schaut und nicht mal 20 Züge ohne noch vorne schauen macht. Denn beim Schwimmen bin ich sehr stark Schlangenlinien geschwommen statt gerade aus.

Nichts desto trotz kam ich nach offiziell 29:11min aus dem Wasser. Wow, keine schlechte Zeit für die erste Kurzdistanz, vor allem weil ich persönlich mit einer Zeit zwischen 33 und 38 Minuten gerechnet hatte.

Nur konnte ich mich unmittelbar nach dem Schwimmen nicht darüber freuen. Der Zeit konnte ich direkt nach dem Wechsel aufgrund des falschen GPS Trackings der Uhr nicht trauen und als ich die Wechselzone erreicht habe, blieb mir erst einmal kurz das Herz stehen. Die mittlere Schlange, an der die Fahrräder der Kurzdistanz-Starter aufgereiht waren, war bis auf 5-8 Fahrräder komplett leer. Fast alle waren schon auf dem Rad. Wow, war ich wirklich so schlecht?

Und hier gleich die sachliche Betrachtung: Ja, in diesem Wettkampf war ich platzmäßig und auch zeitmäßig schlecht. 1:56min/100 sind für einen Triathlonanfänger keine schlechte Zeit, für gute Schwimmer bzw. gute Triathleten ist das jedoch sehr wohl Einschlaftempo, das ist mir bewusst. Es ist mir jedoch auch bewusst, dass bei solch einem Triathlon mit so einer anspruchsvollen Rad- und Laufstrecke sehr viele gute Athleten und kaum Anfänger an den Start gehen, da so etwas zusätzlich zur hohen Regenwarscheinlichkeit sehr abschreckend wirken kann. Nichts desto trotz bin ich persönlich sehr glücklich über meine Schwimmzeit, mit der ich nie gerechnet hätte. Mit 27 Zügen pro Arm bzw, 54 Zügen gesamt pro Minute bin ich auch gut dabei, weder gleite ich zu lange noch propeller ich zu sehr im Wasser.



Mein Puls hatte mit der Schwimmzeit allerdings auch nicht gerechnet, denn der war wieder kurz vorm Anschlag in der Wechselzone 1. Daher habe ich dort bewusst langsam beim Neoprenanzug ausziehen und Radoutfit anziehen gemacht.

Hat leider nicht ganz so viel geholfen, denn der 15% Anstieg unmittelbar nach der Wechselzone tat sein übriges, so dass der Puls am Rad erstmal nicht heruntergehen wollte. Hier musste ich wohl oder übel rausnehmen, um etwas herunter zu kommen. Das schlug sich auch gleich auf die Zeit nieder, die ersten 5km bin ich gerade einmal mit 23 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit gefahren,

Irgendwann passiert es dann dennoch und der Puls ging auch irgendwann runter, wenn auch nicht sofort:

Ich bin mit einem Puls von 188 aufs Rad gestiegen, meine durchschnittliche Herzfrequenz lag aber nur bei 166 Schlägen. Das ist für mich GA2 auf dem Fahrrad, also ganz gut für die Kurzdistanz. Durchschnittlich also nur 73 Prozent meiner maximalen Herzfrequenz.

Mein Ziel war es, ca. 170-180 Watt Normalized Power zu leisten, hier habe ich etwas überzogen und habe stattdessen 198 Watt NP getreten. Die Detail-Fetischisten lesen hier weiter, der Rest scrollt einfach drüber hinweg:

Warum habe ich für diesen Triathlon Normalized Power und nicht die Average Power, also die tatsächlich erbrachte durchschnittliche Leistung, als Kennzahl für das Pacing gewählt? Average Power zeigt die Leistung über die Zeit an und wenn man rollt, dann leistet man natürlich nichts. Angenommen, von 60 Sekunden leistet man 40 Sekunden lang 150 Watt und 20 Sekunden lang rollt man nur, dann hat man eine Average Power von 2/3 der 150 Watt, da man nur 2/3 der Zeit getreten hat. Jetzt ist es jedoch so, dass man gerade bei Anstiegen oder Antritten nach Kurven dazu neigt, viel zu viel zu treten und so zu überziehen, ohne dass man es schnell merkt. 300 Watt bei Anstiegen oder 400-500 Watt bei Antritten nach Kurven sind auch für Anfänger sehr schnell erreicht und die Energie, die man da verschossen hat, bekommt man in den Abfahrten nicht wieder zurück. Und die Radstrecke in Schongau hatte sehr viele Kurven und doch auch einige Steigungen und Abfahrten.

Genau diese Problematik versucht die Zahl Normalized Power zu lösen. Normalized Power ist der Leistungsdurchschnitt, gemessen in Watt, der die Änderungen in den Fahrbedingungen berücksichtigt. Wind, viele Antritte und Veränderungen in der Höhe werden hier mit einberechnet. Der Wert unterliegt einem aufwendigen Algorithmus, ermittelt aber beim Fahren im Freien eine realistischere Auswertung der erbrachten Leistung und dient mir somit auch als besserer Anhaltspunkt für meine tatsächliche Leistung.

Die Radstrecke habe ich nach genau 1:20h geschafft, was etwas langsamer war als ursprünglich gedacht (29,2km/h im Schnitt), aber von der Kraft war es genau richtig,, Mehr hätte ich mit Blick auf die noch zu laufenden 10 Kilometer nicht treten wollen.

Und wenn man so auf dem Rad aussieht, dann geht es einem auch gut und alles hat gepasst.

Foto von Holger Wieland http://hwiefoto.bplaced.net/
Foto von Holger Wieland http://hwiefoto.bplaced.net/

Nein, so dolle hab ich nicht geschwitzt, ich habe erstmals in einem Wettkampf alle 1,7 Kilometer nasse Schwämme unter den Einteiler geklemmt, was wirklich eine schöne Erfrischung war.

Die Laufstrecke fand ich ziemlich anspruchsvoll, auch hinsichtlich der 74 Höhenmeter auf die 10KM kreuz und quer durch die Innenstadt und entlang der Stadtmauer. Nachdem mein Radgetränk etwas zu sehr mit Gels angemischt war (Lektion für die Zukunft, noch weniger Gel ins Trinken), musste ich erstmal ordentlich Wasser nachgießen. Das tat ich auf der ersten Laufrunde, leider viel zuviel. Statt vieler kleiner Schlucke machte ich 2-3 sehr große, der Anfängerfehler schlechthin. Und so hatte ich die ersten 2-3 Kilometer richtig starkes Seitenstechen, was erst ab Km 5 besser wurde. Ab da lief es auch von der Puste und vom Puls recht gut, nur die Beine wurden muskulär müder und müder und es war irgendwann echt eine Qual, sich die Steigungen hoch zu drücken. Gott sei Dank war Laura immer da und machte mir allein schon mit ihrer Anwesenheit eine riesen Freude und motivierte mich, weiterzumachen. Irgendwann bei Kilometer 7 habe ich realisiert, dass eine Zeit von 2:45:xx drin sein könnte, also versuchte ich das anzupeilen. Auf dem letzten Kilometer gab ich noch einmal alles und lief 04:56 im Schnitt. Ich erreichte die 10 Kilometer nach 51:54min.

Oben ein paar Laufbilder von Tom Freitag.

Fazit

Für die Strecke von 1500m Schwimmen, 40km Radfahren und 10km Laufen habe ich 2:45:25 gebraucht und bin damit 6. Platz der Alterklasse M25 geworden:

Foto 2 von Holger Wieland http://hwiefoto.bplaced.net/
Foto 2 von Holger Wieland http://hwiefoto.bplaced.net/

Da  meine Lieblingsfotografin und gleichzeitig bessere Hälfte Laura meine Wechselkleidung nicht mit zum Ziel genommen hat (ok, ich hab es ihr auch nicht gesagt hihi), bin ich halb erfroren und hätte mich am liebsten auf dem Boden zusammengekauert und still vor mich her gewimmert, aber dann hat Laura mich darauf hingewiesen, dass ich mir doch einfach eine Wärmedecke holen soll. Gesagt, getan, das Frieren war Geschichte.

Alles in allem bin ich super happy über das Ergebnis, ich hatte irgendwas zwischen Best Case 2:50 und Worst Case 3:10 geschätzt und hab mich damit übertroffen 🙂 Die Radstrecke, über die ich mir vor dem Wettkampf so viele Sorgen gemacht habe, war im Nachhinein betrachtet nicht wirklich der Rede wert. Sie war anspruchsvoll und die Höhenmeter hatten es in sich, absolut! Aber sie war eben nicht so(!) schlimm, wie ich es befürchtet hatte.. das Schrobenhausener Hinterland lässt grüßen. Laut meiner Uhr mit Barometer waren es insgesamt auch „nur“ 310 Höhenmeter auf 40 Kilometer, was das ganze schon wieder anders erscheinen lässt als 550 Höhenmeter. Nichts desto trotz werde ich auch weiterhin über jeden Höhenmeter schon im Voraus fluchen und machen wir uns nichts vor, 310HM auf 40KM sind für einen Triathlon auch nicht gerade wenig..

Der Wettkampf hat mir aber auch die Augen geöffnet, dass mir für längere Distanzen wirklich Kilometer fehlen, für die Mitteldistanz muss der lange Lauf und die lange Radeinheit pro Woche einfach Pflicht werden.